Freiheit vs. Sicherheit

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Letzte Änderung des Artikels am 24. August 2019 von Aranita

Überwachung geht auf Kosten der Freiheit
Überwachung geht auf Kosten der Freiheit

Spätestens seit dem 11.September 2001 rollt die Propagandamaschine und hämmert in unsere Köpfe hinein, dass Sicherheit nur auf Kosten der Freiheit funktioniert. Und immer mehr Menschen akzeptieren diese These. Es geht allerdings noch weiter: Immer mehr Menschen entscheiden sich, wenn sie nach der Alternative gefragt werden, gegen Freiheit und für Sicherheit.

In einer kürzlich durchgeführten Umfrage der Telekom unter 1.500 Internetnutzern wollte man das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit in der digitalen Welt ergründen. „Freiheit“ wurde definiert als „Ausschöpfen der digitalen Welt ohne Kontrollmechanismen“, im Gegensatz dazu wurde „Sicherheit“ als „Schutz der Daten“ und „Missbrauch der Daten durch Dritte“ definiert.

Nur 14 Prozent der Befragten fanden Freiheit „äußerst wichtig“, während 47 Prozent sich dafür entschieden, dass Sicherheit „äußerst wichtig“ sei. Bei „sehr wichtig“ nähern sich beide Positionen etwas an, 24 Prozent entschieden sich für Freiheit, 34 Prozent für Sicherheit. Vor die Alternative gestellt, sich für Freiheit oder Sicherheit zu entscheiden, entschieden sich 20 Prozent für Freiheit und 79 Prozent für Sicherheit.

Nun hat der Deutsche im Ausland ja durchaus mit dem Vorurteil (oder der Tatsache) zu kämpfen, man sei Obrigkeitshörig und Vorschriftengeil. In Schweden kursiert beispielsweise folgender Witz:

Sie werden nachts um 3:00 Uhr in ein Bergdorf gebracht. Woran erkennen Sie, dass Sie sich in Deutschland befinden? Daran, dass an einer roten Fußgängerampel ein einsamer Mensch steht und wartet, dass sie „Grün“ wird. Sie können über diesen schwedischen Witz nicht lachen? q.e.d.

Zurück zur Sicherheit. In diversen Talkshows ist die Tatsache, dass wir seit vielen Jahren systematisch abgehört werden, zum Thema gemacht worden. Für mich erschreckend ist es, wie vielen Menschen dies völlig egal ist. „Ich habe nichts Unrechtes getan, also kann mir auch nichts passieren“ ist häufig die Ausrede dafür, sich nicht gegen den Überwachungswahn zu positionieren. Dass dem beileibe nicht so ist, zeigt die Erfahrung eines Kutschers aus Regensburg, der seine Kinder in Großbritannien besuchen wollte. Er wurde als vermeintlicher Drogenschmuggler festgenommen, weil die Briten offensichtlich seine Emails gelesen und falsche Schlüsse aus den Mails gezogen hatten (die komplette Geschichte findet man unter anderem bei Regensburg Digital).

Ich erinnere mich noch gut an die Proteste gegen die Volkszählung Anfang der 80er Jahre. Damals übrigens federführend organisiert von den Jungen Liberalen und den Grünen. Die Proteste wirkten so lange nach, dass sich einige Jahre lang keine Bundesregierung traute, eine Volkszählung durchzuführen. Erst im Jahre 2011 führte man wieder eine Volkszählung durch – mit so gut wie keinen ernsthaften Protesten.

Ein anderes Thema, welches die unterschiedliche Haltung der Menschen vor 40 Jahren und der heutigen Bevölkerung belegt, ist die sogenannte Schleier- oder Rasterfahndung. Um gegen die Bader-Meinhof-Gruppe bzw. die RAF vorgehen zu können, wurde in den 70er Jahren die sogenannte Schleierfahndung eingeführt. Also die Möglichkeit, völlig unschuldige Menschen zu überwachen, um eventuell Schuldige dadurch zu finden. Die Schule, in die ich damals ging, lag in München-Schwabing in der Nähe der Universitäten und ich erinnere mich gut an die vielen Proteste gegen diese Art der Überwachung. Und heute? So gut wie alle Menschen werden von Geheimdiensten überwacht und abgehört, und wen störts? Offensichtlich kaum jemanden. Lediglich George Orwells Buch „1984″ sprang kurz nach den Enthüllungen von Edward Snowden bei Amazon kurzzeitig in die Bestsellerlisten.

Die Tatsache, dass sich immer mehr Menschen für eine angebliche Sicherheit auf Kosten der Freiheit entscheiden, thematisierte Deutschlands einzige Freiheitsforscherin Ulrike Ackermann im Jahre 2010. In einem Interview mit der „Welt“ sagte sie: „Um Benjamin Franklin zu zitieren: Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verliert am Ende beides. Der Staat wird Tugendwärter und Erzieher, er mischt sich überall ein, moralisiert, pädagogisiert und entmündigt. Er infantilisiert uns regelrecht.“

Und wer nun erwartet, dass sich die Piratenpartei mit diesem Thema profiliert, wird enttäuscht werden. Völlig unsinnige innerparteiliche Streitigkeiten um eine Frauenquote und sich gegenseitiges Beweisen, wie Recht man doch selbst hat und wie blöd, faschistisch, dumm, unfähig, „masku“ oder was auch immer der jeweils Andersdenkende ist, scheint bei den am lautest schreienden Vertretern der Piratenpartei wichtiger zu sein als eine klare Position und Aktionen gegen den immer stärker werdenden Freiheitsverlust.



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