Urlaub: Karlsfeld – Russland – Nordkapp und zurück

Voraussichtliche Lesedauer des Artikels: 21 Minuten

Letzte Änderung des Artikels am 18. August 2021 von Aranita

Von Karlsfeld zum Nordkapp mit dem Auto

Es war ein Jugendtraum von mir: Einmal zum Nordkapp zu fahren, dem nördlichsten Punkt Europas den man per Auto erreichen kann.

Dazu kam, dass wir die Baltischen Staaten und Kaliningrad sowie St. Petersburg besuchen wollten. Das Problem war, wir hatten nur etwa zwei Wochen Zeit.

Die Vorbereitungen verschlangen etwas Zeit, für Russland musste ein Visum beantragt werden und entsprechende Zusatzversicherungen wurden abgeschlossen (Siehe Vorberichte).

Das Zigeunerlager erinnert an die Gräueltaten der Nazis

Dann ging es endlich los. Erstes Etappenziel war Lodz in Polen. Eine spannende Stadt mit einer interessanten Geschichte.

Wunderbar renovierte Stadtteile wechseln sich mit Stadtteilen ab, wo man sich in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückversetzt fühlt. Im sogenannten „Zigeunerlager“ erinnern Zeichnungen und Gedenktafeln an die Gräueltaten der Nazis. Übrigens: Auch wenn man in der deutschen Presse öfter mal liest, dass die Polen die Deutschen hassen würden – wir haben niemals unfreundliche Menschen oder gar Hass uns gegenüber erlebt.

Eine Hafenrundfahrt gehört in Danzig dazu

Nach einer Übernachtung in Lodz ging es weiter zum nächsten Etappenziel, Danzig.

Auch hier begegnet einem die jüngere Geschichte. Immerhin zählt Danzig zu dem Ort, wo Deutschland den Zweiten Weltkrieg begonnen hat. Danzig selbst ist eine Touristenstadt, auch wenn Geschichte allgegenwärtig ist, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, auch abseits der typischen Touristengegenden.

Die Polnisch-Russische Grenze

Unser nächstes Ziel war Kaliningrad, das ehemalige Königsberg. An der polnisch-russischen Grenze erlebt man, wie es früher war, als man noch nicht grenzenlos durch die meisten Länder fahren konnte. Wobei sowohl die Grenzer in Polen als auch die in Russland hilfsbereit und freundlich waren. Der Papierkram ist tatsächlich etwas nervig, aber dann waren wir in Russland.

Ursprünglich hatten wir geplant, in Kaliningrad zu übernachten. Leider hat uns das Wetter einen massiven Strich durch die Rechnung gemacht. Es hat dermaßen geregnet, dass wir beschlossen haben, die Übernachtung in Kaliningrad zu stornieren und gleich über die Kurische Nehrung weiter nach Litauen zu fahren.

Das Teufelsmuseum in Kaunas ist einen Besuch wert

Während der Grenzübertritt nach Russland ebenso wie die Ausreise aus Russland relativ zügig vonstatten ging, war die Einreise in die EU eine stundenlange Warterei. Offensichtlich sehen die Litauischen Grenzer in jedem, der aus Russland in die EU fährt, einen potentiellen Schmuggler. Das Auto wurde genauestens untersucht, mehrmals wurde ich gefragt wie viel ich in Russland getankt hätte, wie viel Benzin und wie viel Autogas ich im Tank hätte und was ich in Russland gekauft hätte.

Endlich waren die Grenzformalitäten erledigt und wir waren wieder in der EU. Wir fuhren ein Stück die kurische Nehrung weiter und wollten in dem kleinen Ort Nida etwas essen. Dort angekommen haben wir festgestellt, dass wir einen Nagel in einen Reifen gefahren hatten und der platt war. Also ADAC angerufen, dort wurde uns versprochen, dass jemand uns anrufen würde und dann käme und tatsächlich, nach etwa zwei Stunden kam jemand mit Abschleppwagen. Unser Auto wurde aufgeladen und der nette Mechaniker bretterte mit Vollgas über die relativ enge Straße die 50 Kilometer nach Klaipeda.

Unterwegs zeigte er uns lustige Vögel und da er kaum Englisch und wir kein Litauisch sprachen, machte er lustige Bewegungen um uns zu zeigen, dass er Vögel meint. Dann ging es auf die Fähre und nach Klaipeda, wo er uns in ein Hotel brachte, unsere Sachen ins Zimmer tragen half und mit unserem Auto in die Werkstatt fuhr. Am nächsten Morgen kam er wieder mit unserem Auto im Schlepptau beim Hotel an, der Reifen war gerichtet und die Gesamtrechnung betrug 14 Euro.

Für uns ging es zur nächsten Etappe, nach Kaunas. Dort gibt es unter anderem ein Teufelsmuseum, welches auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Man findet dort Bilder, Darstellungen und Geschichten über Teufel und Teuflisches.

Ein faszinierender Ort, dieser Berg der Kreuze

Die nächste Etappe kann man fast als das Gegenteil vom Teufelsmuseum bezeichnen, es ist der Berg der Kreuze. Er liegt in der Nähe der Stadt  Šiauliai und ist ein katholischer Wallfahrtsort.

Kurz vor dem Jahre 1900 waren dort etwa 150 Kreuze angebracht, zum Gedanken an die getöteten Menschen bei Aufständen gegen das zaristische Regime. Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden die Kreuze dann vom kommunistischen Regime Litauens zerstört. Die Menschen ließen sich das nicht gefallen und stellten neue Kreuze auf. In der Mitte der 70er Jahre gab es weitere Zerstörungsaktionen der Kommunisten und immer wieder stellten die Menschen neue Kreuze auf, wodurch der Berg der Kreuze so etwas wie ein Symbol des nationalen Widerstandes gegen die Kommunisten wurde. Es wurden immer mehr Kreuze aufgestellt, die Universität von Vilnius begann die Kreuze zu zählen, gab aber bei 50.000 Kreuzen auf, und hatte noch nicht einmal die Rosenkränze gezählt, die überall hängen. 1993 besuchte Papst Johannes Paul II den Ort und seither gilt der Hügel der Kreuze bei Katholiken als heiliger Ort.

Hier war einmal ein Schloss

Weiter ging es nach Lettland, wo wir unter anderem zwei sehr interessante Geocaches fanden. Einen in Jelgava, wo man geheimnisvolle Worte sprechen muss um an den Schatz zu kommen und einen virtuellen Cache bei einer Gedenkstätte an die Opfer des Zweiten Weltkrieges. In Lettland findet man viele Zeugen der Vergangenheit, für mich als jemand der gerne Ruinen ansieht, ein Traum.

Die beste Ehefrau des Universums hatte eine spezielle Unterkunft ausgesucht, „abgelegen“ und „einsam“. Über bessere Feldwege fanden wir die Unterkunft zwar, aber leider war niemand da. Schweren Herzens stornierten wir die Übernachtung und fuhren weiter gen Norden, nach Riga. Leider hatten wir mit dem Wetter kein besonderes Glück, so dass wir beschlossen haben, im nächsten Jahr uns für diese wunderschöne Stadt etwas mehr Zeit zu nehmen. So machten wir nur einen kurzen Besuch in der Innenstadt, übernachteten und fuhren am nächsten Tag weiter nach Estland.

Das Wasserfall von Jägala ist der breiteste Wasserfall Estlands

Estland ist übrigens das Land mit der wohl am besten ausgestatteten Internet-Infrastruktur. Überall Highspeed-Internet und häufig kostenloses WLAN. Übrigens ohne komplizierte Einlogg-Vorgänge.

Unsere Verweildauer in Tallinn war relativ kurz, auch hier haben wir ausführliche Besichtigungen auf das nächste Jahr verschoben. Immerhin fanden wir ein griechisches Restaurant, wo der Besitzer kaum Estnisch sprach, was uns in keinster Weise störte, dafür sprach er leidlich Englisch und bereitete sehr gute griechische Mahlzeiten zu. Um den Hafen herum gibt es viele Läden, die insbesondere Alkohol verkaufen. Da fahren die Finnen mit dem Schiff aus Helsinki hin, lassen sich voll laufen und fahren bepackt mit Schnaps wieder zurück.

Die Grenze EU -Russland in Narva

Für uns ging es weiter zum Wasserfall von Jägala. Es ist der breiteste Wasserfall in Estland und soll auch im Winter sehenswert sein. Als wir dort waren war gerade eine etwas wasserarme Zeit, dafür konnte man sehr nah an den Ort des Geschehens hingehen und auch den dort befindlichen Earthcache machen. Es gibt einige Wasserfälle in Estland, einige davon haben wir besucht.

Auf der Brücke über die Narva, noch in der EU

Weiter ging die Reise nach Narva, zur EU-Außengrenze nach Russland. Da der Grenzübertritt mit Online-Anmeldung und Wartezone funktioniert, haben wir in Narva übernachtet, da wir keinen Slot nach Russland mehr am selben Tag bekamen.

Wie das mit dem Grenzübertritt funktioniert, habe ich in diesem Bericht beschrieben. Russland und die EU wird nur durch den Fluss Narva getrennt, die Zwillingsstadt auf der Russischen Seite heißt Iwangorod. Die Grenzformalitäten dauerten etwa eine Stunde, man musste die selben Formulare ausfüllen wie an der Grenze nach Kaliningrad und dann waren wir im „richtigen“ Russland. In einer Bank wechselten wir Euro in Rubel um, und lernten dort gleich die Freundlichkeit der Russen kennen. In der Bank musste man Nummern ziehen, was ich nicht wusste und deshalb bin ich einfach zu einem Schalter hingegangen. Es gab kein Gemaule oder gar Gekeife, sondern die Leute versuchten mit Händen und Füßen und etwas Deutsch, teilweise etwas Englisch, mir zu erklären, wie die Gepflogenheiten in einer russischen Bank so sind.

Auch in Russland gibt es das Restaurant mit dem gelben M

Als nächstes wurde das Auto voll getankt, Super kostet etwa 0,60 Euro, Autogas 0,30 Euro und dann ging es los Richtung St. Petersburg. Vorbei an dem Restaurant mit dem Goldenen M ging es auf die Landstraße.

Wer im Internet irgend etwas davon gelesen hat, dass es überall als Polizisten verkleidete Banditen gibt, die Touristen überfallen oder dass alle Russen Auto fahren würden wie gesenkte Säue – das sind wohl meist Erfindungen. Zumindest haben wir nirgendwo etwas ähnliches gesehen. Es gibt zwar durchaus Leute, die die Verkehrsregeln recht individuell auslegen, aber die gibt es bei uns ja auch.

Die Straßen – zumindest die auf denen wir gefahren sind – waren gut ausgebaut, höchstens irgendwo abseits gab es Straßenschäden wie wir sie von NRW her gewohnt sind. Kurz vor St. Petersburg begann eine Autobahn. Autobahnen sind in Russland mautpflichtig, die Maut wird an Mautstellen erhoben, ähnlich wie das in Italien der Fall ist.

Das ist keine Grenze, das ist eine Mautstelle

Wer wie wir ein Garmin-Navigationsgerät hat, ist in Russland verlassen. Garmin bietet keine russischen Karten (mehr) an, wie man mir am Telefon sagte, „aus politischen Gründen“. Da hilft es also nur, dass man vorher russische Karten von Openstreetmaps auf das Navi lädt oder mit dem Handy und Google Maps routet. Arbeitet man mit dem Handy, sollte man sich eine russische Prepaid-Karte kaufen, die kostet ein paar Rubel, man braucht für den Erwerb nur den Pass vorzuzeigen und man muss nicht die teuren Roaming-Gebühren bezahlen.

Der Zugang zur Auferstehungskirche war wegen des Confed Cups gesperrt

In St. Petersburg hatten wir ein familiäres Hotel gebucht, wir wollten relativ nah an einer Metro-Station sein, da wir St. Petersburg doch lieber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erkunden wollten als mit dem Auto. Das Zimmer war geräumig, gemütlich, Flachbildfernseher mit Satelliten-Empfang war genau so Standard wie die Möglichkeit, Tee zu kochen. WLAN gab es auch, allerdings ist die Anmeldeprozedur in Russland etwas aufwändig, uns wurde vom Personal aber geholfen, so dass wir unseren Internetanschluss hatten.

Sehr lange Rolltreppen führen zur Metro

Wir waren viel zu kurz in St Petersburg, aber wir wollten ja noch zum Nordkapp. Wir werden aber definitiv noch einmal in diese wunderbare Stadt fahren und uns dann länger Zeit nehmen. Übrigens: Für Dampfer ist St. Petersburg ein Traum. Es gibt viele Dampfershops, die Preise sind etwas niedriger als bei uns und es gibt keine TPD2. Dummerweise war in St. Petersburg gerade der FIFA Confederations Cup, so dass der Zugang zur Auferstehungskirche nicht möglich war – dort war der Platz für Public Viewing gesperrt. Aber auch so haben wir auf unserem Spaziergang viele Eindrücke von dieser wunderbaren Stadt mitnehmen können.

Finnland kann eintönig sein

Dann ließen wir St. Petersburg hinter uns und fuhren auf gut ausgebauten Straßen Richtung Finnland. Erst einige Kilometer vor der Grenze fuhren wir nicht die Hauptstraße Richtung Helsinki weiter, sondern über einen kleineren Grenzübergang. Die Formalitäten gingen schnell vonstatten, sowohl bei der Ausreise aus Russland als auch bei der Einreise nach Finnland. Kein Vergleich mit den nervenden Kontrollen in Litauen.

Ein Foto mit dem Weihnachtsmann

Die Fahrt durch Finnland war – wohl auch bedingt durch das neblige und teilweise regnerische Wetter – teilweise sehr eintönig. Wobei wir durchaus auch durch abwechslungsreiche Gegenden gefahren sind.

Auf einer Reise durch Finnland durfte Rovaniemi natürlich nicht fehlen, immerhin ist das die offizielle Heimatstadt des Weihnachtsmannes. Ich feiere ja kein Weihnachten. Insofern glaube ich auch nicht an den Weihnachtsmann. Als die Beste Ehefrau des Universums (kurz: BEdU) mich aber davon überzeugt hat, dass es den Weihnachtsmann gibt („Da schau doch, da ist der Weihnachtsmann!“) und der Weihnachtsmann, auch wenn ich nicht an ihn glaube meinte, er würde dafür an mich glauben, hab ich einem entsprechenden Beweis-Foto für ziemlich viel Geld zugestimmt.

Direkt am Polarkreis

Ansonsten ist Rovaniemi natürlich sehr touristisch, man kann alles kaufen, was man sich so vorstellt was zu Weihnachten passen könnte von Rentierfellen bis zu Teetassen mit dem Foto des Weihnachtsmannes drauf. Allerdings wirkte das Ganze im Juni, wo kein Schnee gefallen ist, irgendwie wie das Münchner Oktoberfest ein paar Tage vor der Öffnung.

Durch Rovaniemi geht der Polarkreis und diese Tatsache musste mit unserem ziemlich verdreckten Auto natürlich auch fotografisch festgehalten werden.

Rentiere weiden häufig direkt an der Straße

Weiter ging es gen Norden. Das Wetter war leider nach wie vor ziemlich regnerisch und trübe, aber die Rentiere, die häufig direkt an der Straße weiden, konnte man trotzdem gut sehen.

Zwischen dem Nordkapp stand nun nur noch eine Übernachtung in Inari an. Inari ist ein interessanter kleiner Ort. Man hat das Gefühl, dort leben fast nur Aussteiger. Irgendwie fühlt man sich in eine Zeit zurück versetzt, wo Hippies durch die Welt zogen und dort, wo es ihnen gefiel, sich nieder ließen und ein Geschäft oder eine Pension eröffneten. Ja, in Inari ist die Zeit stehen geblieben.

Endlich am Nordkapp. Ziel erreicht.

Nun ging es auf zur letzten Etappe. Die Europastraße 75, die zum Nordkapp führt, geht über bergiges Land, im Juni war rechts und links der Straße noch teilweise Schnee. Mehrere Tunnels muss man durchfahren und dann wird die Straße ziemlich eng, aber man ist am Nordkapp.

Nunja, noch nicht ganz. Um auf den Parkplatz zu kommen, muss man Eintrittskarten lösen. Für zwei Personen waren das umgerechnet etwa 56 Euro. Dafür durfte man einen Film ansehen – allerdings erst wenn man ab 11:00 Uhr Vormittags dort war. Wer wie wir um 9:00 Uhr ankam, hätte zwei Stunden warten müssen.

Es gab eine Art Museumsbereich, wo man Geschichtliches und Wissenswertes über das Nordkapp erfahren konnte, ebenso eine künstlerische Installation, wo in Dauerschleife Nordlichter, Musik und Videos abliefen.

Da noch nicht einmal der Touristenshop und das Restaurant geöffnet hatten, beschlossen wir, uns wieder auf den Rückweg zu machen. Natürlich besuchten wir zuvor eine Art Gedenkstätte, eine Weltkugel. Besonders viele Menschen waren um diese Zeit nicht dort, aber ein netter Tourist machte ein Foto von uns dort, wo jeder Fotos macht.

Natürlich gibts am Nordkapp auch Trolle

Ja, es war ein Erlebnis und es war die Erfüllung meines Jugendtraumes. Ich war froh, dass wir den Weg auf uns genommen hatten und auch wenn es sehr viel zu fahren war, es hat sich gelohnt. Das Nordkapp ist ein Ort, wo man einmal im Laufe seines Lebens gewesen sein sollte.

Auf der Fähre Helsinki – Tallinn

Ursprünglich hatten wir zwei Routen im Kopf für die Rückfahrt. Die erste über Norwegen, Kristiansand, Hirtshals und Dänemark, die andere über Schweden und Kopenhagen. Allerdings wollten wir den ältesten Cache Finnlands, Sun Gear gerne finden, also mussten wir doch über Finnland zurück Richtung Helsinki.

In Finnland übernachteten wir in Pello, in der Valea Arctic Lodge, einem komplett neuen Ferienresort, der zum Teil noch gar nicht fertig gestellt war und deshalb preislich äußerst günstig angeboten wurde. Die einzelnen Häuser waren ein Traum, das Essen hervorragend, und der Betreiber freundlich und nett.

Da wir mit dem Touristenvisum höchstens zweimal nach Russland einreisen durften, konnten wir nicht den Landweg zurück nehmen, sondern mussten wir mit der Fähre von Helsinki nach Tallinn fahren.

Die Alexander-Newski-Kathedrale in Tallinn

Diese Fähre wird von Finnen hauptsächlich zum Alkohol-Einkauf in Estland genutzt. Denn der ist in Estland wesentlich billiger als in Finnland und was man innerhalb der EU nicht mitnehmen darf, trinkt man auf der Rückfahrt. Insofern hatten wir auf unserer Fahrt Glück, die Finnen auf dem Schiff waren noch ziemlich nüchtern.

Wir fanden mit dem St. Olav ein Hotel in der Innenstadt in einem uralten, denkmalgeschützten Haus und am nächsten Tag haben wir uns noch die Alexander-Newski-Kathedrale genauer angesehen, an der wir beim Hinweg nur vorbeigefahren sind. In dieser orthodoxen Kirche sahen wir die einzigen Frauen mit Kopftuch auf unserer ganzen Reise, ältere Frauen die den Gottesdienst feierten, während die Touristen in der Kirche herum wuselten.

Die Ruinen des Klosters Padise in Estland

Hatte ich schon erwähnt, dass mich Ruinen magisch anziehen? In Estland gibt es einige derartige Orte. Einer von ihnen ist das Kloster Padise. Bilder des Klosters findet man im Artikel „Kloster Padise„. Das Kloster wurde im 14. Jahrhundert von den Mönchen des Zisterzienserordens errichtet. Die Bauarbeiten dauerten mit gelegentlichen Pausen über 200 Jahre. Von der mittelalterlichen Innenausstattung des Klosters Padise sind heutzutage die in der Risti Kirche befindliche Kirchenglocke aus dem 14. Jahrhundert (die älteste in Estland) und die aus der gleichen Zeitperiode stammende in der Niguliste Kirche exponierte seltene Kolgata-Gruppe erhalten geblieben.

Blick auf den Innenhof des Klosters Padise

Das Kloster wurde zu einem der bedeutendsten geistlichen Zentren Estlands. 1559 endete seine Tätigkeit in den Wirren des Livländischen Krieges. Es wurde zur Festung weltlicher Herrscher ausgebaut und war ab 1766 Teil des Gutshofs von Padise.

Während in Deutschland entsprechende Bauwerke aus Sicherheitsgründen gesperrt wären, in Großbritannien vor dem Gebäude eine Kasse für Eintrittsgelder aufgebaut wäre, kann man in Estland das Gebäude einfach so betreten und auf eigene Faust erkunden. Ja, es gibt auch Führungen und die Möglichkeit, dort Hochzeiten auszurichten. Aber wer will, kann sich alles auf eigene Faust ansehen.

Einer der längsten und schönsten Bahnhöfe war der Bahnhof von Haapsalu

Neben Ruinen bin ich sehr interessiert an Eisenbahnen. Estland hat zwar ein sehr modernes Nahverkehrssystem um Tallinn herum und regelmäßige Züge nach Moskau, aber die große Zeit der Eisenbahnen ist vorbei.

Ein Relikt dieser großen Zeit ist der Bahnhof von Haapsalu. Bilder des Bahnhofs findet man im Artikel „Der Bahnhof von Haapsalu„. Es ist einer der längsten und schönsten Bahnhöfe weltweit und beherbergt heute ein Museum in den Bahnhofshallen mit Objekten der Deutschen Reichsbahn, russischen Bahnen und Gegenständen aus Estland.

Ein Relikt einer längst vergangenen Zeit: Eine russische Dampflokomotive

Die Kurortstadt Haapsalu war ein von den russischen Aristokraten geschätzter Urlaubsort. Das Bahnhofsgebäude wurde nach einem Sonderprojekt gebaut. Der Komplex besteht aus vier Teilen: Das Gebäude für die Reisenden, der Pavillon des Imperators, ein Wetterdach, das die beiden miteinander verbindet und ein sage und schreibe 213,6 Meter langer überdachter Bahnsteig.

Vor dem Bahnhof stehen Relikte einer längst vergangenen Zeit wie zum Beispiel russische Dampf- aber auch Diesel-Lokomotiven.

Interessant zu wissen: Der russische Kaiser selbst hatte die Bauidee unterstützt und geholfen, den Plan zu verwirklichen. Der erste Personenzug traf 1904 in Haapsalu ein, der letzte verließ den Bahnhof im Jahre 1995. Auf den ehemaligen Bahngleisen von Haapsalu nach Riisipere (etwa 50 km) ist heute ein sogenannter „Gesundheitsweg“ für Radfahrer entstanden. So ändern sich die Zeiten.

Das VapeIn in Pärnu – ein empfehlenswerter Dampfershop

Unser nächstes Übernachtungsziel war Pärnu, ein Seebad und ursprünglich eine Hansestadt. In dieser Stadt gibt es ein Restaurant mit Namen „Edelweiß“ und deutschen Gerichten. Die Einrichtung ist so typisch Pseudo-Bayerisch, wie man sich eben Deutschland so vorstellt, aber das Essen war wirklich hervorragend. Auf dem Weg ins Edelweiß sind wir zufällig an einem Dampferschop vorbei gefahren, dem VapeIn. Da mussten wir natürlich reinschauen. Der Betreiber ließ uns alle möglichen Liquids probieren, wir hatten eine Menge Spaß.

Die Schmalspurbahn in Anyksciai, Litauen

Langsam wurde es Zeit, möglichst den kürzesten Weg Richtung Heimat zu nehmen, aber ein Ziel hatten wir uns noch vorgenommen: Die Schmalspurbahn von Anyksciai nach Rubikiai in Litauen. Sie fährt ausschließlich als Touristenbahn und der alte Bahnhof in Anyksciai dient als kleines Museum.

Die letzte Übernachtung war in Wroclaw (Breslau) und dann ging es schnurstracks zurück nach Karlsfeld. Ein anstrengender, aber wunderschöner Urlaub ging zu Ende und eines war uns klar: So bald als möglich werden wir wieder in die Baltischen Staaten und nach St. Petersburg fahren.


Video zur Reise
Von Karlsfeld zum Nordkapp


Kategorien:Alle Artikel, Urlaub

Schlagwörter:, , , , , , , , , , , , ,

1 Antwort

Trackbacks

  1. Urlaub: Mit dem Auto nach Russland - Aranitas Gedanken
  2. Ordensburg Karkus - Aranitas Gedanken

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Entdecke mehr von Aranitas Gedanken

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen